Recht auf Kündigung des Mietvertrags

Aufgrund einer Vielzahl von Medienberichten, die über die erfolgreiche Anfechtung von Mietvertragskündigungen durch Mieter berichteten, entstand in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit vermehrt der Eindruck, dass eine Kündigung des Mietvertrages durch die Vermieterschaft etwas unrechtmässiges sei. Es ist deshalb notwendig, die rechtlichen Grundlagen einer jeden Mietvertragskündigung wieder in Erinnerung zu rufen.

Beide Seiten können kündigen

Durch die soeben erwähnte Berichterstattung geht schnell vergessen, dass es sich um einen gesetzlichen Grundsatz handelt, dass unbefristete Mietverträge gleichermassen von Mietern wie auch Vermietern unter Wahrung der vertraglichen oder gesetzlichen Fristen und Termine gekündigt werden können (Art. 266a Abs. 1 OR). Auch das Bundesgericht hielt schon mehrmals fest, dass eine ordentliche Kündigung des Mietvertrages keine besonderen Kündigungsgründe voraussetzt. Mieter und Vermieter sind grundsätzlich frei, das (unbefristete) Mietverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Fristen und Termine zu kündigen (BGE 4A_327/2015, E. 3.2.1). Beide Vertragsparteien müssen sich dessen bewusst sein und haben grundsätzlich auf jeden Kündigungstermin hin mit einer Kündigung zu rechnen. Hat die Mieterschaft ein besonderes Interesse an einem langjährigen Mietverhältnis, so muss sie dafür besorgt sein, dass dies im Vertrag etwa in Form einer Mindestvertragsdauer festgehalten wird. Andernfalls hat sie grundsätzlich auf jeden Kündigungstermin hin mit einer Kündigung zu rechnen.

Ausnahme vom Grundsatz

Ausgenommen von diesem Grundsatz sind einzig rechtsmissbräuchliche Kündigungen. Rechtsmissbräuchlich ist die Kündigung eines Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume jeweils dann, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst (Art. 271 OR). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Kündigung immer dann zulässig ist, wenn sie nicht gegen diesen Grundsatz verstösst. Dieser Grundsatz gilt im Übrigen sowohl für Vermieters als auch für Mieter gleichermassen. Es handelt sich somit nicht um eine einseitige Schutznorm zugunsten der Mieterschaft. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Kündigung stets dann rechtsmissbräuchlich, wenn sie ohne objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse seitens der Vermieterschaft und somit aus reiner Schikane erfolgt oder Interessen der Parteien tangiert, welche in einem krassen Missverhältnis zueinanderstehen. Massgebend für die Frage, ob eine Kündigung gegen Treu und Glauben verstösst, sind dabei die Umstände während des Zeitpunkt, in welchem sie ausgesprochen wird (BGE 140 III 496, E. 4.1). Die Massstäbe, woran sich jede Kündigung messen lassen muss, sind somit klar. Wie sie schliesslich im Einzelfall ausgelegt werden, zeigt die jeweilige bundesgerichtliche Rechtsprechung.

In einem weiteren Beitrag informieren wir Sie über dir Rechtsprechung von möglichen Kündigungsgründen.

30.10.2020, lic. iur. Stefan Baer